Historisches Fechten
Der Begriff Historisches Fechten umfasst den kampfsportlichen Umgang mit verschiedensten Waffen vergangener Epochen. International ist diese Kampfkunst als HEMA (Historical European Martial Arts = Historische europäische Kampfkünste) bekannt. Das bedeutet, dass wir auf Basis überlieferter Quellen aus dem europäischen Raum arbeiten, die eine Kampfesweise beschreiben oder erklären. Die Disziplinen des historischen Fechtens umfassen den Kampf mit dem langen Schwert, Rapier, langem Messer, Dolch, die Ringkunst und vieles mehr.
Die europäischen Kampfkünste entwickelten sich über Jahrhunderte und erfuhren während des späten Mittelalters (15. Jh.) ihre Blütezeit. Zu dieser Zeit wurden neben der gemeinen Fechtlehre auch die Künste von Fechtmeistern und das bürgerliche Fechten in Gilden praktiziert.
Das Fechten wurde also nicht nur vom Adel, sondern auch von Bürgertum und Landbevölkerung mit hoher Kunstfertigkeit betrieben, mit dem Ziel einer ebenso effektiven wie wirkungsvollen Selbstverteidigung. In den folgenden Jahrhunderten entwickelten sich neue Waffen und mit ihnen neue Fechtsysteme, die bis in die moderne weithin gelehrt wurden. Erst im zwanzigsten Jahrhundert wurde das ernste Fechten vollständig obsolet und fortan nur noch als Sport betrieben.
Deshalb sind heute von der einstigen Kampfkunst nur noch museale Waffensammlungen und historische Fechtbücher überliefert. Johannes Liechtenauer, vermutlich Anfang oder Mitte des 14. Jahrhunderts in Mittelfranken geboren, gilt als Begründer der sogenannten Deutschen Schule des Schwertechtens. Obwohl er selbst kein Fechtbuch verfasste, wurden seine Lehrsätze – die sogenannten Zedel – von seinen Schülern und Nachfolgern überliefert. Spätere Fechtmeister wie Hans Talhoffer oder Sigmund Ringeck glossierten und interpretierten seine Techniken weiter. Damals wie heute steht sein Name als Qualitätssiegel für die historische europäische Fechtkunst.
Zahlreiche Gruppen widmen sich heute der Rekonstruktion von Liechtenauers System. Historische Fechtbücher von Autoren wie Meyer, Lew, Leckküchner, Döbringer, Ringeck, Peter von Danzig, Hans von Speyer, Talhoffer und Meister Ott dienen als Grundlage für diese Forschungen. Auf der ganzen Welt beschäftigt sich ein engagierter Kreis von Enthusiasten mit dieser einzigartigen Kombination von Sport, Living History und Traditionspflege. Das Ziel: die Wiederbelebung unserer vergessenen Kampfkünste.